Angenehm überraschend war es, dass der Händedruck von Azra, nicht dem eines Waschlappen glich, sondern fest und kräftig war, jedoch im richtigen Maße, was von Charakterstärke zeugte, aus Sicht des Schweden. Dessen Blick sein Gegenüber sogar stand hielt, natürlich konnte man das als kleinen Test, seitens Valravn, sehen und es wäre eine Lüge, etwas anderes zu behaupten. Zumindest in der Hinsicht hatte er sich nicht groß verändert, sondern war dahingehend immer noch der Alte, der Einem, nur mit einem Blick, das Gefühl geben konnte, die Beute eines Wolfes zu sein, der nur auf ein winziges Zeichen von Schwäche wartet, um dich zu zerfleischen. Azra schien jedoch nicht das hilflose Häschen zu sein, falls doch, so überspielte er es geschickt aber Valravn war nicht hier, um den Pferdebesitzer zu analysieren, sondern sich des Fohlens anzunehmen, welches lahmte, sowie dieser Prozedur mit wenig Begeisterung beiwohnte. Verständlich, es hatte Schmerzen und der Schwede ließ es sich noch mal vorführen, um seinen Gang von der Seite aus betrachten zu können. Dem jungen Fohlen wurde heute wohl viel abverlangt, sowie Azra, der das Tier nicht nur ruhig halten und ablenken musste, sondern Fragen beantworten sollte aber was vermutlich wirklich ungewohnt war, ist die Tatsache, dass mit dem Schweden ein echter Tierarzt im Dorf war. Der Eine sah dies als Bereicherung, ein Anderer vielleicht als unliebsame 'Konkurrenz', Menschen tickten seltsam, daher mochte Valravn Tiere immer schon lieber, er wusste nicht als was Azra ihn sah aber trotz des grimmigen Blickes, hoffte der Schwede auf eine friedliche Co-Existenz. Vielleicht trank man doch mal, irgendwann, ein Met zusammen und wechselte ein paar Worte. Valravn war nicht darauf aus sich Freunde zu machen, derzeit wahrte er den Abstand so weit es möglich war, in einem Dorf voller Leute, jedoch wollte er die Bewohner besser kennenlernen, das schloss Azra mit ein.
Zu diesem blickte der Schwede flüchtig hinauf, hörte zu und fuhr mit der Untersuchung fort.
Valravn konnte am Rücken des Tieres keine Verhärtung ausfindig machen, ebenfalls schien auch kein Nerv geklemmt zu sein, dass Fohlen war zwar ungeduldig, zeigte aber keine ungewöhnlichen oder auffallenden Reaktionen auf das Abtasten. Immerhin etwas Gutes. "Hast es sich schonen lassen?" Dumme Frage, allerdings sah Azra es ihm hoffentlich nach, denn Valravn hatte früher oft mit Besitzern zu tun, die lieber keine Tiere halten sollten. Er musste sogar mal jemanden anzeigen, weil er ein, gesundes Tier einschläfern sollte, bloß weil der Besitzer keinen Bock mehr darauf hatte und natürlich, hatte er oft Fälle von misshandelten Tieren auf seinem Tisch. Neben der Praxis setzte sich Valravn ehrenamtlich im Tierschutz ein und behandelte kostenlos Tiere aus Auffangstation oder Tierheimen. Da musste man sich auch ein dickes Fell aneignen, nicht jeder Patient schaffte es und nicht jedes Tier konnte er bei sich aufnehmen. Verständlich also irgendwo das Valravn die Menschen nicht sonderlich mochte, denn Tiere waren ihnen meist hilflos ausgeliefert. Azra schien jedoch nicht zu diesen Leuten zu gehören, seine Tiere waren, auf den ersten Blick, in guter Verfassung, außerdem sprach die Art, wie er mit seiner Stute oder dem Fohlen umging, für seine Tierliebe und sein Einfühlungsvermögen in diese Lebewesen.
Als der Name der Bärin fiel, lief Valravn ein Schauer über den Rücken und er atmete hörbar aus, Matanus war ein Thema, dass ihm momentan noch Probleme bereitete, weniger wegen der Bärin an sich, bislang hatte sie sich nicht feindselig ihm gegenüber verhalten, sondern vorsichtig. Vermutlich diente Skadi ihm, als auch Matanus, als Beschützerin, wenn die Drei aufeinander trafen.
"Scheint so, als würdest du deine Sache gut machen. Hab mir zwar noch nicht alle Tiere im Dorf angesehen, doch auf den ersten Blick, machen sie einen guten Gesamteindruck. Hast du davor schon mit Tieren gearbeitet?" Wollte der Schwede wissen, der sich, nach Prüfung der Hinterbeine, sowie Hufen, einmal um das Tier herum bewegte und Azra bedeutete auf die andere Seite zu gehen, sodass er sich das rechte Vorderbein ansehen konnte. Das linke Bein war betroffen, jedoch hieß das nicht, die anderen Läufe einfach zu überspringen, schließlich könnte sich durch Überbelastung auch in dem gesunden Bein eine Lahmheit einstellen und das konnten sie noch weniger gebrauchen, vor allem das Fohlen. Die Hufwände und Strahl waren intakt, er konnte beim Abtasten auch keine übermäßige Erhitzung des Hufes spüren, weswegen er dessen angehobenes, rechtes Bein wieder runterließ und sich aufrichtete. Der Schwede traf bei Azra, bezüglich des Namens, offenbar ins Schwarze, dem er wieder andeutete, zurück auf seine vorige Position zu gehen, sodass Valravn sich nun dem betroffenen Bein zuwenden konnte und mit der Schulter etwas gegen das Fohlen lehnte, das bereits beim entlang tasten, des Beines unruhiger wurde. Spätestens als er unten an der Fessel angelangt war, versuchte es zu steigen, sodass Azra gefragt war, um das Tier im Zaum zu halten.
"Ich weiß Kleiner, das tut weh, aber wenn du mir eine verpasst, kann ich dir schlecht helfen." Sprach er ruhig zu dem Tier, er ließ zwar kurz ab, jedoch nur so lang bis es halbwegs ruhig war, danach ging er erneut in die Knie und hob das Bein an, legte es auf sein Knie und besah sich die Hufe genauer. Wie Azra sagte war keine Schwellung zu sehen, es fühlte sich nicht übermäßig erwärmt an, weshalb das Übel wirklich im Huf selbst stecken musste. Vielleicht hatte es sich etwas eingetreten, einen Nagel, der herumgelegen war zum Beispiel. "Es liegt eine Stützbeinlahmheit vor, ein Bruch zum Glück nicht, das wäre auch schlecht zu übersehen gewesen. Gab es zuletzt Reparaturen hier drinnen oder draußen, bei den Zäunen, sodass vielleicht ein paar Nägel rumgelegen sind?"
Valravn atmete schnaufend aus, da er nur mit einer Hand die Fessel des Fohlens festhalten musste und mit der Anderen, in seine Tasche griff, die er bei sich trug, mit dem nötigen Besteck das er brauchte. Eine Hufzange hatte er auch dabei, ein Geschenk von der Gruppe, welche ihm vor einem Jahr Sleipnir, zum Dank für die Rettung ihrer Tochter, mit gegeben hatten, sowie auch den alten Striegel und Vorräte.
Mit dieser in der Hand, übte der Schwede entsprechenden Druck an gezielten Punkten der Hufe aus und wie zu erwarten, versuchte das Fohlen prompt, ihm das Bein zu entziehen, kaum das er die Stelle traf, wo sich der Grund für den Schmerz befand. Einen eingetretenen Nagel oder Stein war es nicht, weswegen Azra scheinbar wirklich ein gutes Gespür für die Pferde hatte. Valravn entließ das Fohlen endlich aus seinem Griff, trat zur Seite weg und packte die Zange wieder in die Tasche, ehe er sich an den Besitzer wendete.
"Euer Bauchgefühl war richtig, so wie die Sache aussieht, haben wir es hier mit einem Abszess im Sohlenhorn zu tun, der noch nicht ganz ausgereift ist, sonst wäre er schon ausgebrochen. Das heißt wir müssen einen Angussverband verband anlegen, um den Huf aufzuweichen, damit der Abszess reifen kann und ausbricht. Zusätzlich sollten wir mit einem Hufmesser das Sohlenhorn, an der Stelle, wo die Zangenprobe positiv war, abtragen, so lässt sich das Geschwür vielleicht direkt öffnen. Auf jeden Fall brauchen wir Watte oder etwas Ähnliches, sowie einen wasserabweisenden Schutz für Außen. Ich bezweifel dass ihr Tape da habt?"
Der Schwede klopfte sich die Hände an der Hose ab, bevor er dem Fohlen behutsam über den Hals strich, es war noch so jung und es stand außer Frage, alles zu versuchen, damit das Tier wieder gesund wurde. "Mir wurde gesagt ihr habt eine Kräuterfrau im Dorf, wenn sie Belladonna hat, lässt sich daraus ein schmerzlinderndes Mittel für das Fohlen machen."
@Azra