Es war der 05.Mai, als ein kleiner Junge das Licht der Welt erblickte, 21 Jahre bevor die Welt beschloss den Bach herunter zu gehen. Gesund und munter schrie der kleine Mann erstmal den gesamten Kreissaal zusammen, bevor er von seiner glücklichen Mutter in den Arm genommen wurde. Zachary Evans war seiner Mutter Lilian Evans geboren worden, ihr ganz alleine. Seinen Vater sollte Zachary auch die nächsten 21 Jahre nicht mehr kennenlernen, denn er wuchs ganz alleine mit seiner Mutter auf. Geboren in Mississauga, vom Städtebild nicht von Toronto zu trennen, aber doch nicht die größte Stadt Kanadas, wuchs er also in einer winzigen Wohnung auf. Seine Mutter hatte nicht viel Geld, sie arbeitete tagsüber in einem Diner und ging abends noch in einem naheliegenden Bürogebäude die Büros reinigen. Doch sie liebte ihren Sohn, sorgte dafür, dass er gut ernährt wurde und auch mit sechs auf eine gute Schule kam. Gerade als Zachary die erste Klasse absolvierte, dort erhielt er auch seinen Spitznamen Zac, doch seine Mutter würde ihn immer Zachary nennen, fiel ihm auf, dass seine Mutter immer… dicker wurde. Als Kind verstand er es zunächst nicht, seine Mutter erklärte ihm, dass sie schwanger war. Das sie dabei aber nicht vor Freude, sondern vor schmerzlicher Erinnerungen und Trauma weinte, behielt Lilian natürlich für sich. Dass dieses Kind aus einer Vergewaltigung entstanden war, als sie abends im Bürogebäude putzte und einer der Businessmänner sich an ihr vergriff, erzählte sie ihm lange Zeit nicht.
Zac ging also in die zweite Klasse, als sein kleiner Bruder zur Welt kam, Gabriel. Schon mit seinen jungen, sieben Jahren empfand Zac einen großen Beschützerinstinkt gegenüber seinem kleinen Bruder, und da seine Mutter weiterhin und jetzt noch mehr arbeiten musste, passte er oft abends auf seinen Bruder auf. Für Freunde hatte Zac deswegen lange keine Zeit, da er immer nach der Schule sofort nach Hause musste, seine Mutter unterstützen.
Sein kleiner Bruder war offensichtlich nicht vom selben Vater wie Zac, als Gabriel immer älter wurde zeigten sich unterschiede bei ihren Hautfarben und auch waren Gabriel Haare, dunkel und sehr dicht, wohingegen Zacs Haare eher blond und hell waren. Nach einigen Jahren erfuhren Zac und Gabriel, dass Zacs Vater ebenfalls Kanadier gewesen war, Gabriels Vater hatte mexikanische Wurzeln. Aber Zac war es egal. Weder er, noch Gabriel, kannten ihre Väter, für sie gab es nur Lilian und sich gegenseitig.
Die Jahre vergingen, Zac war 15 und Gabriel 9, sie gingen also auf unterschiedliche Schulen. Zac hatte seine Leidenschaft für das Schauspiel in der Schule entdeckt, jetzt wo sein kleiner Bruder älter war hatte der größere Bruder auch mehr Freizeit, da Gabriel auch alleine zuhause bleiben konnte. Er meldete sich also für die Schauspielgruppe an, ging darin richtig auf und mit 16 kam dann die große Überraschung: Er bekam ein Jobangebot. Irgendwann hatte ihn bei einer der Aufführungen gesehen, kannte jemanden, der jemanden kannte und sie würden sich für ihn interessieren. Zu erwähnen war wohl, dass Zac schon mit 16 begann lange, weiße Strähnen in den Haaren zu bekommen. Am Anfang war es ihm noch unangenehm gewesen, doch irgendwann stand er dazu. Es war ein einfacher Gendefekt, der das Melanin in seinen Haarwurzeln abschwächte und wohl in den nächsten Jahren seinen Haaren die gesamte Farbe rauben würde. Das Ganze gab ihm einen sehr besonderen Look, zu dem er mittlerweile stand. So kam also ein netter Herr eines Abends zu ihrer Wohnung, holte ihn, seine Mutter und seinen Bruder ab und ging mit ihnen essen. Es wurden Dinge besprochen, dass Zac für einige Zeit eine Sonderregelung mit der Schule ausmachen müsste, seiner Ausbildung aber nichts im Wege stünde. Skeptisch noch zu Beginn, stimmte seine Mutter aber dann doch zu. Ein ausschlaggebendes Argument war wohl die Summe an kanadischen Dollars, die er Mann auf einen Zettel geschrieben hatte. Zac hatte zu diesem Zeitpunkt noch nicht alle Informationen, die er gerne gehabt hätte, aber es war aufregend und wie ein wahrgewordener Wunsch!
So drehte er also seinen ersten Film, er hatte keine Hauptrolle, aber eine wichtige Nebenrollte in einem Film namens „The fog at dawn“, ein actionreicher, mystery Murderfilm. Dort spielte er die Rolle des festen Freundes der Hauptcharakterin, der ihr und deren Bruder am Ende mit seinem Opfer das Leben rettete. Die Begeisterung für den Film war in Kanada so… mittelmäßig, es war kein Blockbuster mit Millionen von Einnahmen, doch es war wie das Sprungbrett für Zachary. Mit seinem Abschluss in der Tasche, also mit 17 Jahren, wurde er immer bekannter, hatte Gastauftritte in auch größeren Serien und Filmen, sein Gesicht und besonders seine immer weißer werdenden Haare gewannen an Aufmerksamkeit, bis er mit 19 dann den großen Hit landete. Ein großer Fernsehsender plante eine große Produktion und sie wollten ihn in einer der vier Hauptrollen – als mächtiger, junger Schwertkämpfer der eine wichtige Rolle im Schicksal um ein fiktives Königreich spielte. „The Fight of Gold and Silver“ hieß die Serie und Zac – liebte es. Er liebte es bekannt zu sein, reiste umher, beendete die Dreharbeiten für die erste Staffel und wollte seine Mutter und seinen kleinen Bruder bei der Premiere mit dabeihaben. Doch er sollte nie auf die Premiere gehen, so hatte er es gewollt. Zwei Tage zuvor war eine Nachricht eingegangen, das Krankenhaus von Toronto hatte angerufen, dass seine Mutter eingeliefert worden war. Zac befand sich zu diesem Zeitpunkt in Los Angeles, dort sollte die erste Premiere stattfinden, bevor er weitere Stationen in den USA, Mexiko und Europa besuchen sollte. Eigentlich hatte er sofort in den Flieger zu seiner Mutter springen wollen, doch sein Manager erinnerte ihn an seine Pflichten, zumindest zur ersten Premiere sollte er dableiben. Danach könnte man ihn für ein paar Tage nach Toronto lassen. Also brachte Zac die erste Premiere hinter sich, nahm direkt am nächsten Tag den ersten Flieger von Los Angeles nach Toronto und war ein paar Stunden später bei seiner Mutter am Bett.
Die Diagnose seiner Mutter, die die Ärzte ihm dann mitteilten, ließ den jungen Schauspieler aus allen Wolken fallen. HIV. Aids. Seine Mutter hatte Aids und das schon viele, viele Jahre. Nur, dass Zac davon nie etwas gewusst hatte. Wütend war er, so wütend, dass seine Mutter ihn nie ins Vertrauen gezogen hatte, wütend auf sich, dass er es nie bemerkt hatte, wütend auf die Welt, dass seine Mutter solch eine scheiß Krankheit haben musste.
Ein paar Tage blieb Lilian noch im Krankenhaus, dann wurde sie entlassen und Zac und Gabriel brachten sie nach Hause. Mittlerweile, von den Einnahmen durch den Film und die erste Staffel der Serie, hatte Zac für seine Mutter und seinen Bruder eine schöne Wohnung in Toronto gekauft, etwas weiter draußen, nicht mitten in der Stadt, in der jeder sein eigenes Zimmer hatte, eine schöne, große Küche und einen Garten. Dort verbrachte die kleine Familie einige Tage, seine Mutter erzählte Zac dann, dass sie schon länger in Behandlung war aufgrund der HIV-Infektion, ihn aber nie damit belasten wollte. Sein Leben verlief so traumhaft, da wollte sie ihm keine schlechten Nachrichten überbringen.
Nach drei Wochen in Kanada musste Zac aber wieder seinen Verpflichtungen nachgehen, Gabriel ging wieder zur Schule und Zac reiste nach Europa. Berlin, Paris, Rom, Madrid und Barcelona, wunderschöne Städte. Er hatte soetwas noch nie gesehen, Europa war so anders als Nordamerika! Innerlich machte er sich eine Notiz, dass er seine Mutter und Gabriel einmal mit nach Rom nehmen würde, für ihn die schönste der europäischen Städte in denen er war. Es kam ihm vor wie ein Traum, die Wochen die er unterwegs war, bis er wieder zurück in Kanada war. Mittlerweile zwanzig Jahre alt, seine Haare sein charakteristisches Markenzeichen, waren diese mittlerweile komplett weiß, drehte er bevor die Produktion für die zweite Staffel von „The Fight of Gold and Silver“ anging, noch ein paar kleinere Projekte, trat hier für Charityevents auf und verbrachte auch viel Zeit mit seiner Mutter. Dieser ging es wieder etwas besser, weshalb er sich dann wieder für einige Monate nach Vancouver verabschiedete, die zweite Staffel drehte. Auch hier war er wieder international unterwegs, auf Premieren und diesmal – begleitete ihn seine Mutter und Gabriel. Er zeigte ihnen Los Angeles, er zeigte ihnen Paris und Rom, genoss einen Champagner mit Aussicht auf den Eifelturm und einen Kaffee am Trevi-Brunnen.
Als sie wieder zurück nach Toronto kamen, Zac war mittlerweile 21 Jahre alt und Gabriel jetzt 14, hielt das Familienglück aber nicht sonderlich lange. Seiner Mutter ging es wieder schlechter und drei Wochen bevor Zac erneut nach Vancouver hätte fliegen müssen um die dritte Staffel seiner Serie zu produzieren, musste sie erneut ins Krankenhaus.
Der weißhaarige Schauspieler hatte einige Erfolge gefeiert, war für seine Rolle in der Serie mit einem Emmy ausgezeichnet worden, hatte verschiedenste Zuschauerpreise erhalten und hätte zufriedener mit seinem Leben nicht sein können. Mit 21 schon solch einen Erfolg zu genießen, hätte er niemals in seinem Leben erwartet.
Durch die Serie und seine Rolle hatte er mittlerweile auch seine Leidenschaft für den Schwertkampf entdeckt, bestand er trotz der Proteste seines Managers darauf, den Großteil seiner Stunts selbst zu machen und seine Kampfszenen alle selbst zu drehen. Er wollte, wenn man seinen Charakter mit einem Schwert in der Hand sah, auch, dass es tatsächlich er war. Zusätzlich dazu hatte er das Reiten erlernen müssen und das Pferd, welches ihn und seinen Charakter bisher in jeder Staffel begleitet hatte, hatte er mittlerweile gekauft. Es hieß Nero und stand mit ein paar anderen Pferden auf einer großen Ranch nahe Vancouver, wo sie oft und viel der Serie drehten. Beide Dinge, die ihm wohl in den nächsten Jahren mehr als gelegen kommen würden.
Seine Mutter war also wieder im Krankenhaus, da es ihr schlechter ging, sie hatte hohes Fieber, dass sich aber schon wieder senkte. Es sah alles danach aus, dass es ihr bald wieder bessergehen würde, doch dazu sollte es nie kommen, da die Welt meinte alles noch 100x schlimmer zu machen.
Zunächst begriff wohl niemand so Recht, was hier gerade passierte. Chaos. Man könnte es wohl als Chaos bezeichnen. Absolutes Chaos, absolut krass. Leute, die eigentlich hätten tot sein müssen, rannten umher und stürzten sich auf Leute, bissen sie, fraßen ihr Fleisch. Und diese Leute? Die eigentlich hätten tot sein müssen? Standen nach einer Weile wieder auf und machten genau das, weshalb sie gestorben waren. Die Panik im Krankenhaus war unbeschreiblich, Zac war gerade an der frischen Luft mit Gabriel, als einer dieser Verrückten auf ihn zurannte. Zunächst völlig überfordert, griff er das nächste was er finden konnte und als sich der Mann auf Gabriel stürzen wollte, zertrümmerte er ihm mit einem Standaschenbecher den Schädel. Schneller als wohl manche anderen, realisierte Zac die Situation. Mit Gabriel an der Hand sprintete er zu seinem Wagen, der nicht weit weg stand, riss den Kofferraum auf und griff sein Schwert, dass darin lag. Er hätte heute Nachmittag noch Training gehabt, weshalb er es dabeihatte. Ebenso lag im Auto ein Baseballschläger, Gabriel hätte er vor seinem Training noch zum Baseballtraining gefahren.
Überfordert von der Situation waren sie wohl beide, doch Zac verdrängte alles, dachte gar nicht so genau darüber nach, während Gabriel die Tränen über die Wangen liefen. Er verstand nicht was passierte und Zachary konnte es ihm auch nicht erklären. Also griff er sich seinen Bruder nur und sagte ihm eine Anweisung: Wenn ein Verrückter auf dich zu rennt, zermatsch ihm oder ihr den Schädel. Gemeinsam machten sich die beiden Evans-Brüder dann wieder auf den Weg ins Krankenhaus, sie mussten zu ihrer Mutter. Es war… Horror. Es war purer Horror, als sie zurück ins Gebäude gingen, sich vorsichtig bewegten aber immer wieder einem dieser Verrückten begegneten. Zacs Kopf war ausgeschalten, er kannte keine Gnade, dachte nicht darüber nach, dass dies vielleicht noch Menschen waren, wollte einzig und allein sein und Gabriels Leben schützen. Dankbarer als jetzt könnte er wohl kaum sein, sich tatsächlich für den Schwertkampf interessiert und ihn gelernt zu haben, nicht einfach nur die Choreographien nachgelaufen zu sein. Gabriel zitterte und weinte, aber Zac würde ihn beschützen. Irgendwann schafften sie es tatsächlich zurück zu ihrer Mutter, die Intensivstation war recht gut abgeschottet und als sich die beiden Jungs dort meldeten, ließen die Pflegerinnen und Ärzte sie hinein. Und dann… warteten sie. Sie warteten und warteten, bis das Militär auftauchte. Lilian war noch immer weggetreten, die Ärzte und Pflege taten alles solange die Notstromgeneratoren ihren Dienst noch leisteten. Unruhig war Zac, das blutige Schwert in der Hand lief er hin und her, bis die ersten Schüsse fielen. Immer mehr und mehr Schüsse, dann das Knacken der Sprechanlage und die befehlshafte Ansage eines Soldaten, die Tür solle geöffnet werden, wenn sich noch jemand auf der Station befand. Die Soldaten wirkten wie die Retter in der Not, als sie sich auf der Station umsahen, zählten wer noch hier war und anschließend per Funk mit der Zentrale sprachen.
Es wirkte, als würde alles gut werden, als Zac mit seinem Bruder aus der Station geführt wurde, das Militär die Patienten, Ärzte und Überlebenden rettete. Doch kurz bevor sie den Transporter erreichten, geschah das wohl schlimmste. Zac beobachtete noch, wie seine Mutter auf der Trage in einen der anderen Transporter gelegt wurde, einige Transporter waren schon abgefahren, Zac und Gabriel würden in einen der letzten steigen.
Eine riesige Explosion riss die beiden Jungs, die drei anderen Überlebenden und die sechs Soldaten von den Füßen, ließen sie hart auf den Asphalt aufschlagen. Eine heiße Stichflamme schoss aus einem der unten Fenster und auf die kleine Gruppe liefen brennende Leichen zu. Brennende Leichen. Betäubt und mit einem lauten Klingeln in den Ohren richtete sich Zac langsam auf, ließ den Blick umherwandern, suchte seinen Bruder. Gabriel. Wo war Gabriel?!
Er entdeckte seinen Bruder, Blut lief dem 14 jährigen von der Stirn, als dieser die Augen aufschlug und direkt in die seines großen Bruder blickte. Es kam Zac alles vor wie in Zeitlupe, als er loslaufen wollte, den Namen seines Bruders schrie. Das Weiten von Gabriels Augen, als dieser den Kopf umwandte, den Mund öffnete und schrie. Diesen Schrei würde Zac in seinem Leben nie vergessen. Dann starke Hände, die ihn an den Armen packten, zum Transporter zogen, hineinwarfen. Doch Zac schrie, den Blick auf seinen Bruder gerichtet, bis dieser von den brennenden, untoten Leibern verdeckt wurde.
Der Transporter fuhr los, Zac wehrte sich noch immer, heiße Tränen liefen ihm über die Wangen und er hatte noch immer sein Schwert umklammert. Eine Faust ins Gesicht und… alles wurde schwarz.
Aufwachen tat er neben seiner Mutter in der Krankenstation der Safe Zone die das Militär errichtet hatte, wie sich später herausstellte. Zunächst aber war er wohl vollkommen verwirrt.
Da er aber ein junger, kräftiger Mann war, wurde von ihm schnell erwartet, dass er seinen Beitrag leistete und für das Überleben der Safe Zone sorgte. Er lernte schießen, mit Pistole und Gewehr, Dinge die er vorher noch nie in die Hand genommen hatte.
Seiner Mutter ging es immer schlechter, dank des Ausbruchs waren immer weniger Medikamente verfügbar und auch, wenn Zac wusste das die behandelnde Ärztin seiner Mutter, nichts dafürkonnte, war er wütend, frustriert, unfreundlich. Seiner Mum zu sagen, dass Gabriel gestorben war, war das schlimmste, was er jemals hatte tun müssen, er hatte das Gefühl mit dieser Nachricht seiner Mutter ein weiteres Stück Lebenswillen genommen zu haben.
Es dauerte neun Monate. Neun Monate in denen Zac sich anderen Gegenüber verhielt wie das letzte Arschloch. Und trotzdem immer eine Schar Bewunderer um sich hatte. Natürlich, man kannte ihn, den Ritter mit den weißen Haaren aus der Serie und Zac… nutzte das aus. Nur eine Person schien ihn einfach nicht mögen zu wollen und das war die Tochter der Ärztin seiner Mum, sie schien ihn einfach zu hassen, aus dem Weg zu gehen. Das alles änderte sich aber, als Lilian Evans neun Monate nach Ausbruch der Apokalypse schließlich verstarb. Es veränderte Zac sehr, in seinem Verhalten, in seinem Auftreten, weshalb er sich mit besagter Tochter irgendwann doch anfreundete.
Nichts blieb für ewig. Das lernte Zac recht schnell, als auch die Safe Zone nach knapp 3 Jahren zuende ging. Alles wirkte anfangs so positiv, aber auch mit der Zeit wurden die Rohstoffe knapper, die Leute hungriger und unzufriedener. Was genau passiert war hatte Zac nie erfahren, doch die Beißer innerhalb der Safe Zone konnten kein gutes Zeichen sein. Nachdem er niemanden hatte, keine Familie mehr nach all der Zeit, suchte er nach seinen Freunden, Leute die er in der Safe Zone kennengelernt hatte und mochte, nur um noch mehr Tod und Verderben zu finden. Irgendwann musste er es einsehen, es war niemand hier zu retten und deswegen ließ er die Safe Zone hinter sich, packte so viel zusammen wie er konnte und ließ dieses Kapitel hinter sich.
Mit Rucksack und Schwert bepackt ließ er Toronto und die Safezone hinter sich, blieb zunächst alleine und sehr misstrauisch anderen gegenüber. Ein typischer Einzelgänger, bis er auf eine Gruppe Männer traf, nachdem er deren Anführer unbeabsichtigt das Leben gerettet hatte, und sich ihnen anschloss. Anfangs wirkte alles noch normal, klar es waren nur Männer, der Umgangston war rau, Zac tat Dinge die er vorher wohl nie hatte tun müssen. Aber immer mit dem Gedanken, den John, der Anführer der Truppe, ihnen jedes Mal einbläute: Wir tun das um zu überleben. Und irgendwann glaubte Zac ihm. Er glaubte es wirklich, der Druck war enorm, man wollte überleben, friss oder stirbt. Sie zogen umher, von Kanada irgendwann über die Grenze in die USA, raubten und plünderten. Manche der Männer benahmen sich schlimmer, Zac war wohl noch der Anständigste unter ihnen. Sollten sie einer Gruppe begegnen, nahm er sich nur die Dinge, die er brauchte und ließ die anderen dann machen. Er sah nicht hin, half aber auch nicht. Half den armen Frauen nicht, den Kindern von denen er nicht wusste, was mit ihnen geschah. Aber es war ihm in diesen Jahren auch egal. Hauptsache er überlebte, ganz einfach.
Den Schwertkampf perfektionierte er über die Zeit, er übte und das angenehmste an dieser Gruppe Männer war, dass ihn niemand dort erkannte. Niemand erkannte ihn als den Schauspieler, er konnte Zachary wirklich hinter sich lassen. In der Gruppe war er ein anderer Mann, ein Mann der er im Nachhinein bereute gewesen zu sein.
Sieben Jahre waren mittlerweile vergangen seit die Apokalypse ausgebrochen war, bis es zu dem Zeitpunkt kam, an dem Zac diese Gruppe verließ. Ein schicksalhafter Tag, begann er damit, dass er vier Kinder töten sollte und am Ende dreizehn erwachsene Männer ins Jenseits schickte. Erneut hatten sie eine Gruppe ausfindig gemacht, Zac warnte John noch davor, dass sie Kinder hatten, doch es interessierte den Anführer nicht. Nachdem die erwachsenen ermordet, das Lager geplündert war, rief John ihn zu sich. Vier Kinder, drei Mädchen und ein Junge, lagen gefesselt vor ihm und ohne eine Miene zu verziehen, verlangte John, dass Zac die vier tötete. Würde er es nicht tun, würde er sterben. Qualvoll. Langsam. Emotionaler Missbrauch. Mit dem Leben zu drohen. Nach vier Jahren. Die Drohung war real, als das Klicken der Waffe zu hören war, die John auf ihn richtete. Die vier Kinder sahen ihn an, von nebenan hörte man das leise Wimmern eine Frau, das Grunzen eines Mannes. Still stand Zac da, das blutige Schwert fest umklammert.
Er konnte es nicht. Er konnte keine Kinder umbringen. Er wollte es auch nicht.
Es dauerte nicht lange. Niemand hatte damit gerechnet, dass Zac sich dagegenstellen würde. Trotzdem verloren an diesem Tag auch die vier Kinder ihr Leben, also hatte das ganze eigentlich keinen Sinn gemacht. Die Leben waren trotzdem verloren, während Zac das brennende Gebäude ansah. Bevor er reagierten hatte können, waren die vier Molotowcocktails in dem Gebäude gelandet, hatten das Heudach in Brand gesteckt und es war zu spät gewesen. Die Wut von Zac danach war unaufhaltsam gewesen, er hatte die Männer abgeschlachtet wie ein Schlächter, der Schlächter von Michigan. Als das Haus abgebrannt war, hatte er die Kinder daran gehindert zu Beißern zu werden, ihnen Gräber geschaufelt und auf die restlichen Bewohner begraben. Die Leichen seiner ehemaligen Kameraden ließ er liegen, mit Stichen seines Schwertes in dessen Köpfe verhinderte er allerdings auch deren Widerkehr. Und Zac? Er kehrte nie wieder hierher zurück.
Zurück im Lager seiner ehemaligen Gruppe packte er erneut sein Zeug zusammen, nahm sich eines der Pferde, einen braunen Hengst und gab ihm den Namen – Nero.
Eine ganze Weile war er alleine unterwegs, bestimmt ein oder zwei Jahre, ehe er auf eine junge Dame traf. Mittlerweile war Zac 29 Jahre alt, seine Haare schulterlang trug er die oberen oft zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. So waren sie ihm nicht im Weg.
Ihr Name war Johanna, sie lebte in einer Hütte, alleine. Um die Hütte herum war ein großes Gebiet abgezäunt und auf der Koppel graste ein Pferd. Es dauerte eine Weile, bis sich die beiden anfreundeten, Zac das erste Mal die Hütte betreten durfte. Er hatte vorher sein Camp im Wald aufgeschlagen, sie begegneten sich nur ab und zu. Doch nach einer Weile bat sie ihn in die Hütte und nach einer Weile, es dürfte wohl ein halbes Jahr verstrichen sein, stellten sie fest, dass sie mehr als nur Freunde waren. Johanna war wohl, wenn man es so betrachtete, Zacs erste große Liebe. Und wie er sie liebte, er würde die Welt für sie umpflügen, sie war nach so vielen Jahren wieder eine Person für die er wirkliche Gefühle empfand. Die letzte Person, für die er mehr als neutrale Gefühle gehabt hatte, war damals beim Untergang der SafeZone in Toronto gestorben. Er hatte sie sterben sehen, war sich zu 100% sicher, dass sie nicht mehr lebte, sonst hätte er sie wohl gesucht.
Aber Johanna entfachte sein Herz wieder, ließ es höher schlagen in seiner Brust, ihn für eine Weile vergessen, was er vorher für schreckliche Dinge getan hatte. Sie lebten wie auf einer Wolke von Glück, die Hütte blieb unentdeckt, es besuchte sie niemand, wirklich niemand, alles schien perfekt. Ab und an kam ein Beißer vorbei der im Zaun hängen blieb, aber es schien hier der letzte Fleck Frieden in einer zerstörten Welt zu sein.
Bis es das nicht mehr war. Bis Zac eines Tages aus dem Wald trat und eine brennende Hütte vorfand. So schnell gerannt war er noch nie, sein Herz war in seiner Brust stehengeblieben, als er auf die Knie fiel, das Dach zusammenstürzte. Das Knurren und Stöhnen des Beißers, der an den Pfosten des Zauns gebunden war, verschwamm in seinen Ohren, sein Blick starr auf jenen Beißer gerichtet. Johanna. Wie lange er dort gesessen hatte, wusste er nicht, als er sich allerdings erhoben hatte, hatte die Hütte nur noch gequalmt. Mit seinem Messer erlöste er Johanna von ihrem Schicksal, auch, wenn es nicht mehr Johanna war, schaufelte ihr ein Grab, legte einen schweren Stein darauf.
Eine Weile saß er vor den Ruinen der Hütte, überlegte, was es überhaupt noch zu Leben gab auf der Welt. Er hatte alles verloren. Schon wieder.
Und wer auch immer dies gewesen war, war schon längst fort. Die Hütte hatte schon eine Weile gebrannt, weil Zac sie erreicht hatte und wenn Johanna sich schon verwandelt hatte, mussten wohl mehrere Stunden dazwischengelegen haben. Eine Chance die Plünderer zu finden hatte er kaum. Vermutlich war es eine Gruppe gewesen, wie die, der er damals angehört hatte. Wie sollte er über solche Leute richten, wenn er selbst einst so war?
Eine Weile streifte Zac erneut durch die Gegend, gelangte immer weiter nach Osten, nur Nero an seiner Seite, der ihn stetig begleitete und sein Schwert, das Schwert, dass er schon die gesamte Apokalypse über bei sich trug. Es vergingen ein paar Monate, da stand er eines Tages am Meer und betrachtete in der Ferne eine Insel. Eine Insel, auf der Bewohner zu sein schienen. Lange haderte er mit sich, ob er dort hingehen sollte oder nicht, Wochen lungerte er in der Umgebung herum. Sein Vertrauen in Kolonien und sichere Orte war gleich Null, zu oft war die Erfahrung negativ ausgefallen, alles schien immer mehr zu sein, als es am Ende war. Doch die Hoffnung, der winzige Funken Hoffnung, den er noch in sich trug, den Johanna in ihm aufgelöst hatte und dachte, dass er mit ihrem Tod vor einem Jahr erloschen wäre, dieser Funken Hoffnung meldete sich mit jedem Tag den er länger wartete stärker.
Und eines Tages hatte er es gewagt, sich auf Neros Rücken geschwungen und war zur Insel geritten, dort in Empfang genommen worden.
Mittlerweile lebte er schon über ein Jahr in der Kolonie die sich Balar Island nannte, hatte dort seinen Hauptwohnsitz. Doch der ruhelose Zachary ließ sich nicht gerne binden, als er erfahren hatte, dass Balar mit zwei weiteren Kolonien in der näheren Umgebung Handel trieb, hatte er die Stelle des Fahrenden Reisebeschützers übernommen. Er begleitete die Warenlieferungen von Kolonie zu Kolonie, war im Cottage und dem Clubhaus bekannt, doch seine Heimat war ein einfaches Zimmer in der Burg auf Balar Island.
Trotzdem kannte ihn in jeder Kolonie fast jeder. Den Ritter mit den aschweißen Haaren und seinem braunen Hengst Nero.
Den Angriff von Negan auf die Kolonien erlebte Zach natürlich wie alle Mitglieder des Kolonieverbundes mit. Als der Angriff auf das Cottage begann war er aufgrund einer vorher dort angekommenen Karawane sowieso dort und unterstützte wo er nur konnte. Als sich dies allerdings als Finte herausstellte und der eigentliche Angriff auf das Dorf seiner Heimatkolonie begann, eilte er mit den anderen Kriegern von Balar und der wenigen Unterstützung die das Cottage bieten konnte, nach Hause. Die Ereignisse dort erfüllten ihn mit Schrecken und Entsetzen, weckten in ihm aber auch die Kraft seine Heimat zu verteidigen. Es waren zu viele gestorben, eine zu große Beerdigung wurde abgehalten, aber in Zach hatte das ganze Ereignis nur noch mehr Bestätigt, wie sehr er sich den Kolonien verpflichtet fühlte. Und das er hier wirklich zuhause war.