Das alte zweistöckige Farmhaus erinnerte Cai zwangsläufig an die Zeit mit den Schatzjägern. Am Rande der Stadt hätte es vielleicht auch andere Häuser gegeben. Doch es war ungleich leichter, die alten Lager wieder in Stand zu setzen.
Hier wusste er, an welchen Stellen seine Fallen am Klügsten angebracht waren. Seit seinem letzten Besuch, hatte sich die Natur die gesamte Weidefläche hinter dem Haus wiedergeholt und der Wald war deutlich näher gekommen. Die hohen Bäume, Büsche und Gräser verdeckten von der Straßenseite aus den Blick auf das Gebäude. Ausgehend von den Einfamilienhäusern am Stadtrand, führte jedoch ein mittlerweiler schmaler Kiesweg in Serpentinen durch das Wäldchen zu einem Zaun. Der Zaun hatte einst eine größere Fläche umspannt, war aber nach dem Ausbruch der Seuche und der Übernahme durch die Schatzjäger umgesetzt worden, so dass zwischen Zaun und Haus weniger Platz blieb.
Mittlerweile überwucherte das Gestrüpp an manchen Stellen den Zaun. Dort hatten Cai und seine Gefährten vom Versorgungstrupp aus Paradise das Gitter von den Pflanzen befreit, um an der Außenseite, entlang des Zauns Fallen zu legen, die Beißer abhalten sollten. Der Zaun selbst wurde zusätzlich mit Maschendraht und Spitzen verstärkt. Außerdem hatte Cai sich für den Zaun noch etwas besonderes überlegt. Sollte doch jemand versuchen darüber zu klettern, würde er damit automatisch eine Falle auslösen, durch die unter Laub versteckte Pflöcke automatisch in Höhe klappen und den Eindringling nach hinten schleudern würden.
Das Haus selbst war nur mehr durch die Vordertür betretbar. Auch sämtliche Fenster im Erdgeschoss waren vernagelt. Das hatten die Schatzjäger einst übernommen. Über das zweite Stockwerk, bestünde theoretisch die Möglichkeit, durch ein Fenster einzusteigen. Hinter diesen, verborgen, befanden sich aber ebenfalls Mechanismen, die bei Unbefugtem Betreten sehr schnell ausgelöst werden konnten.
Es hatte Zeit gekostet alles wieder in Stand zu setzen. Aber sie waren auch rechtzeitig vor Ort gewesen. Die Sonne hatte sich mittlerweile verabschiedet und der Wachdienst war beschlossen. Marco und Derek die nicht nur beim Versorgungstrupp sondern auch dem Paradise Wachdienst waren, blieben im Erdgeschoss. Sie waren gut bewaffnet, wussten aber auch sich im waffelnlosen Kampf zu verteidigen. Cai und Raven waren oben bei ihren Schätzen.
Tatsächlich war das Farmhaus voll mit Schätzen, die die Schatzjäger vor Jahren geplündert hatten. Das meiste davon befand sich im Keller. Cai hatte beschossen sie mit seinen Leuten zu teilen, weswegen sie alles Nutzbringende mitnehmen würden, was sich dort angesammelt hatte, zusätzlich zu dem, was sie in der Stadt erbeutet hatten.
Schließlich brauchte das Zeug eh keiner mehr.
Raven und er hatten in Yassens altem Zimmer Stellung bezogen. Natürlich wusste nur Cai, dass es einst Yassen gehört hatte. Die Türen zu den anderen Räumen standen offen, so dass sie alles gut im Blick- und vor allem auch Hörfeld hatten. Bisher ahnten sie noch nichts von den Beobachtern, die am Stadtrand aufgetaucht waren. Doch auf der Hut sein, schadete nie. Smitty hatte immer gesagt: better safe than sorry. Und deshalb hatte Cai lieber die ein oder andere Falle mehr in Stand gesetzt, ungeachtet dessen, dass Marco die Aktion für etwas übertrieben hielt. Als ob er nicht mit ein paar Eindringlingen fertig würde. Die sollten nur kommen, dann machte er Hackfleisch aus ihnen.
Auch diese Reaktion hatte Cai an früher erinnert, an Trevor und Marvin, in ihrer besten Zeit. Es tat gut, wieder auf Streifzug zu gehen. In Paradise war es zwar sicher, doch nach dem Winter, zog es ihn hinaus. Die Werkstatt konnte auch Nachschub gebrauchen. Da war es gut, dass sich Cai auch bei den Versorgern engagierte. So ließ sich das Nützliche mit dem Vergnügen verbinden.
Raven verpackte gerade ein paar Sachen, während Cai seine Runde durch die Räume des zweiten Stocks ging und nochmal die Fallen prüfte. Von einem Fenster aus konnte man zwischen den Bäumen hindurch zu den Häusern am Stadtrand sehen. Cai nahm ein Fernglas aus Smittys altem Nachttisch und stellte sich damit ans Fenster. Etwas blitzte dort zwischen den Bäumen. Aber vielleicht hatte er sich das auch nur eingebildet. Das Glas des Fernglases war verschmiert. Er putzte es notdürftig mit dem Ärmel seines Pullovers, dann sah er hindurch und musste erkennen, dass es mittlerweile zu dunkel war. Und doch glaubte er dort Schemen zu erkennen, auf einem der Dächer.
Seine Gefährten würden sicher sagen, das bildest du dir nur ein. Vielleicht war dem auch so. Vielleicht spielte ihm sein Gehirn einen Streich. Das war der Nachteil gewesen, ein altes Lager der Schatzjäger zu nutzen. Es rief zwangsläufig Erinnerungen wach.
@Chase Dearly