Deborah Greywater wuchs im Blackfoot Reservat auf - der Ort, der ihre Heimat hätte sein sollen, hätte ihr drogenabhängiger Vater es geschafft, seinen Entzug vollständig durchzuziehen. Stattdessen wuchs Debbie in zerrüttelten Verhältnissen auf und verabschiedete sich bereits mit achtzehn Jahren von ihrer trauernden Mutter, die über den Alkoholismus ihres Mannes niemals hinwegkommen sollte. Mit ihren Ersparnissen wagte sie es, nach Kanada auszuwandern. Nach zwei unterbezahlten Minijobs und vielen schlaflosen Nächten, die sie mit dem Träumen von einem eigenen Business verbrachte, lernte sie den Besitzer eines Pubs in Calgary kennen. Erst arbeitete Debbie für Jerry - nur wenige Monate darauf klangen die Hochzeitsglocken. Drum prüfe wer sich ewig bindet - doch Jerry war kein schlechter Mensch, und Debbie hatte ihn geprüft und geprüft, Jahr für Jahr, bis das Schicksal sie ganze fünf Jahre später einholte. Debbie hatte die ersten Anzeichen erkannt, als Jerry sich am Abend mit einem Bier zu viel auf die Couch geworfen und sein Shirt mit Erbrochenem versaut hatte. Sie wurde täglich an ihren Vater erinnert: Wutanfälle, Entzugserscheinungen, Stimmungsschwankungen.
Als Jerry zum ersten Mal nach der jungen Frau langte, wich sie ihm aus; eine Ohrfeige kassierend. Sie schwor sich, eines Tages mit einem Knall zu verschwinden, die Polizei vor die Tür zu rufen. Doch alles kam anders, als sie an einem Morgen vor der Arbeit einen positiven Schwangerschaftstest in den Händen hielt.
Somit verschwand Debbie leise aus Kanada, dem Land, was einst ihren Träumen entsprungen war, und zog sich an den einzigen Ort zurück, den ihr Mann nicht aufsuchen konnte.
Winona Greywater erblickte das Licht der Welt an einem heißen Sommermorgen. Es war der Monat der reifen Pflaumen; die Augustsonne blickte gerade erst über die Rocky Mountains und erfüllte die Felder mit finstergelbem Licht. Deborah lag eingebettet im Geburtszelt der Blackfeet, umzingelt und umsorgt von den Ältesten des Stammes, weißhaarigen Frauen und neugierigen Kindern. Sie hatte sich für ein Leben in ihrer Heimat entschieden - für ein Leben, welches ihrer Tochter ein sicheres Umfeld garantieren würde. Aufgrund ihrer schlechten finanziellen Situation lebte sie seit ihrer Flucht in einer Kommune inmitten ihres Heimatreservats, ärmlich und doch dankbar in traditionellen Hütten.
Das Kind war lebendig und flink wie die Kojoten, mit denen sie rannte; so tief und still wie die Flüsse, welche die Täler von Montana durchzogen, und pfiffig wie ein Raubvogel, obwohl Winona nie die Schule besuchte. Durch den frühzeitigen Tod ihres Großvaters verbrachte sie Deborahs Arbeitstage auf der Farm ihrer Großmutter, die sie auf den Feldern unterrichtete. Mathematik stand hinten an - ihre Sommer nutzte Winona, um Rotklee zu sammeln und saftige Erdbeeren zu pflücken, bis ihr Bauch ganz rund und ihr Mund mit roter Farbe verschmiert war. Mit neun Jahren durfte sie für ihr erstes eigenes Pferd sorgen, ehe sie später einen kleinen Job in den Gemeinschaftsställen annahm. Von den Ältesten ihrer Kommune lernte sie den Umgang mit Pfeil und Bogen - selbst einen Speer bekam sie in die Hand gedrückt, um traditionell Fische zu jagen. Sie erlernte die Kunst einer Medizinfrau. Früh wusste sie von Tinkturen und Tees, wie verschiedene Kräuter zusammen arbeiteten und als himmlisches Geschenk für sie und ihren Stamm dienten.
2003 lernte Winona den neuen auserkorenen Mann kennen, welchen Deborah seit Monaten auf Dates traf. Die alleinerziehende Mutter wollte endlich mehr Stabilität - etwas, das Winona längst zu besitzen glaubte. Es dauerte eine Weile, bis das Mädchen sich mit ihrem neuen Stiefvater angefreundet hatte. Paco lebte mit seinem Sohn in einem kleinen Haus nahe der Kommune und besaß die Ställe, in denen Winona ihre Nachmittage verbrachte. Der Fakt, dass sie nun für immer mit ihren liebsten Pferden in Kontakt bleiben könnte, erheiterte die Stimmung des in sich gekehrten Mädchens; sie akzeptierte Paco schließlich sogar als ihren eigenen Vater. Dieser zeugte zwei weitere Kinder mit Deborah - Tate und Rae - Zwillinge, die das gemeinsame Haus 2004 mit mehr Leben füllten.
2009 wurde dem friedlichen Zusammenleben der kleinen Patchwork-Familie ein Ende gesetzt. Die zwölfjährige Winona war gerade dabei, ihren kleinen Geschwistern unter Tränen ihre ersten Reitstunden zu geben, als sie in der Ferne merkwürdige Geräusche vernahm. Bei genauerem Hinsehen erfüllte sich ihr Körper mit Furcht und der Gewissheit, dass irgendetwas nicht stimmte. Sie schluckte ihre eigene Angst herunter und wies ihre Geschwister an, in ihrer Nähe zu bleiben. Als sie sich ihrem Wohnort näherten, wurde ihre Angst bestätigt: Untote hatten begonnen, über die Einwohner des Reservats herzufallen. Mit einem schweren Stein traf Winona einen der Untoten am Kopf und befreite damit ihren Stiefbruder, welcher einen kühlen Kopf bewahrte und sofort das einzig Richtige tat, was er in dieser Situation hätte tun können - er wies seine drei Geschwister an, in den Familientruck zu steigen. Das Quartett war viel zu jung, um ein Auto bedienen oder einen Motor kurzschließen zu können. Gerade, als eine Herde Untoter auf sie zu strömten, rettete sich Paco in den alten Wagen und fuhr los, um seine Kinder in Sicherheit zu bringen. Winona erkannte eine Bissspur auf seinem entblößten Bein, sagte jedoch nichts. Keiner der Fünf verstand die Situation; die Kleinsten weinten um ihre Mama, die sie nun zurücklassen mussten, und Winona beschlich die leiseste Ahnung, dass dieser Biss vermutlich nichts Gutes bedeutete.
Das junge Mädchen sollte recht behalten - nur wenige Tage darauf, die von Hunger und Ziellosigkeit geprägt waren, veränderte sich Pacos Gemüt. Winona begann, die Veränderungen zu beobachten. Pacos Leben endete tragisch, aber schnell. Eine entfernte Person erkannte, was mit dem älteren Mann nicht stimmte, und richtete eine Pistole auf ihn. Bevor er hingerichtet wurde, bittete er den Fremden darum, seine Kinder in Obhut zu nehmen - der Fremde stimmte zu. Fortan reisten die vier Kinder mit einer weiteren kleinen Familie, die allerdings deutlich besser ausgestattet war und zu Beginn mit Essen und anderer Versorgung nur so um sich schmiss.
Ein paar Monate später erkannte die Familie jedoch, dass die Rationen nicht für immer reichten, dass der Winter hart war und auch ihr Unterschlupf nicht jedem Wetter stand hielt. Sie schoben die Kinder ab - in der Nähe befand sich der Zoo, welcher die Kinder aus einem einzigen Grund mit offenen Armen empfing: Sie waren gute Arbeiter und hatten Erfahrungen mit den Schätzen der Natur. Winona und ihr Stiefbruder arbeiteten hart in den Gärten und Ställen und zeigten ihre Künste den Zwillingen, welche zwar ängstlich waren, aber die Ernsthaftigkeit der Situation begriffen und sich nach einer Weile anpassten.
Das Verhältnis der Geschwister zu den Anführern des Zoos wurde immer angespannter. Vor allem Winona hatte starke Meinungen und Bedürfnisse, welche ihr öfters Streit mit anderen einhandelten. Es war ein heimlicher Prozess, in dem sie sich von der Kolonie abkapselte und Vorräte beiseite legte, die sie bei einer Flucht gut gebrauchen könnte. Auch entfernte sie sich emotional immer weiter von ihren Geschwistern, wurde mysteriöser und stiller. Besonders mit ihrem Stiefbruder geriet sie immer wieder in kleine Streitigkeiten. Er war der Kolonie sehr loyal; umso schwieriger war es für ihn, als die Kolonie angegriffen und grundlegend verändert wurde. Aufgrund ihrer Vorbereitungen reagierte Winona im richtigen Moment und nutzte 2018 ihre Chance, um mit ihren Geschwistern und vier gestohlenen Pferden erneut zu fliehen. Ihr Stiefbruder wurde fortan zu einem anderen Menschen. Er war in sich gekehrt, ruhig, wirkte fast schon so stoisch, dass es Winona wahnsinnig machte. Die Vierergruppe floh nur ein Stück weiter nach Osten. In der Nähe von Washington DC fanden sie ein verlassenes Lager, welches zwar klein war, aber genügend Schutz bot, um als Unterschlupf für sie und auch die Pferde zu dienen. Ein paar Wochen verbrachten sie in dieser idyllischen Lage und wurden nur sporadisch von kleinen Herden Untoter belästigt, die sie durch ihre Kampferfahrung recht gut beseitigen konnten. Jedoch lauerte nun eine andere Gefahr, die sie nach ihrer behüteten Zeit im Zoo nicht hätten vorhersehen können: Andere Gruppen.
Wie für viele andere Überlebende war die Begegnung der Geschwister mit den Wicked keine Schöne. Als Winona sich weigerte, Rationen von ihrem Trinkwasser rauszugeben, reagierten die Wicked mit dem, was sie am besten konnten - Gewalt. Mit einem Schuss verwundeten sie Tates Pferd tödlich. Erneut floh Winona - sie konnte sich gar nicht mehr daran erinnern, wie es war, einmal nicht zu fliehen -, und musste das größte Opfer ihres Lebens bringen. Schweren Herzens ließ sie ihren Stiefbruder zurück, welcher in einen Kampf mit einem der Banditen verwickelt wurde. Die drei Geschwister erhielten schließlich kein einziges Lebenszeichen von ihrem Bruder.
In ihrer Trauerphase kämpfte Winona mit Schuldgefühlen, Depressionen und dem Drang, sich selbst zu verletzen. Es wurde zunehmend schwerer für sie, sich um die Zwillinge zu kümmern. In ihren pubertären Launen fühlte sie sich als Älteste verloren und sah kaum noch einen Ausweg. Doch ihre Pechsträhne sollte nicht enden, und das Universum wollte die junge Frau scheinbar ganz auf sich allein gestellt sehen.
Während einer schwereren Erkältung, die Winona in einer zerfallenen Rangerhütte mit Tinkturen und Wickeln ausharrte, verschwanden schließlich auch die Zwillinge in den Weiten der Welt. Sie wollten jagen - kehrten jedoch nie zurück. Winona verbrachte mehrere Monate alleine, in ihrer Trauer versinkend, ihre Wut an unschuldigen Objekten auslassend. Sie hatte kein Problem damit, sich selbst zu versorgen, merkte jedoch, dass sie immer skrupelloser wurde. Ihr Temperament war durch den fehlenden Menschenkontakt kaum noch zu zähmen. Selten versuchte sie, mit Balar Island gewisse Güter und Informationen zu tauschen, hielt jedoch stets eine gewisse Entfernung zu ihnen ein.
Tief in ihrer Seele sehnt Winona sich nach Menschenkontakt und würde sich Balar Island am liebsten anschließen. Sie ist allerdings sehr skeptisch und hält viel von sich selbst, was sie zu einem unerträglichen Handelspartner macht. Sie möchte sich sicher fühlen, ihre Unabhängigkeit jedoch behalten. Mithilfe ihres Pferdes begibt sie sich regelmäßig auf die Suche nach ihren Geschwistern und würde wohl jeden Preis dafür zahlen, diese eines Tages wiederzusehen.